Als Steuerberater in Köln erleben wir immer wieder, dass Mandanten nach einer steuerlichen Schätzung durch das Finanzamt den Gang vor das Finanzgericht erwägen. Gerade wenn Einkommensteuer- oder Umsatzsteuerbescheide auf Grundlage einer Schätzung ergehen, fühlen sich Steuerpflichtige schnell benachteiligt. Doch nicht jede finanzgerichtliche Klage gegen Schätzungsbescheide ist zulässig. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat dies zuletzt in einem Urteil vom 10. Juli 2025 (Az. III R 25/24) noch einmal sehr deutlich gemacht: Wer den zulässigen Klageantrag nicht rechtzeitig bezeichnet, scheitert an der strengen Ausschlussfrist.
In diesem Beitrag erläutern wir die Hintergründe der Entscheidung, zeigen die rechtlichen Maßstäbe und geben praxisnahe Hinweise, wie Sie als Steuerpflichtiger Fehler vermeiden – und wie wir Sie als Steuerberater und Rechtsanwalt dabei kompetent unterstützen.
Hintergrund: Schätzungsbescheide und ihre Anfechtung
Das Finanzamt darf die Besteuerungsgrundlagen schätzen, wenn Steuererklärungen nicht oder nicht rechtzeitig abgegeben werden (§ 162 AO). Die Folge sind oft hohe Steuerfestsetzungen, weil die Finanzämter Sicherheitszuschläge vornehmen.
Gegen solche Schätzungsbescheide steht der Einspruch offen. Wird dieser zurückgewiesen, bleibt als letzter Weg die finanzgerichtliche Klage gegen den Schätzungsbescheid.
Doch Vorsicht: Anders als beim Einspruch prüft das Finanzgericht nicht von Amts wegen „ins Blaue hinein“. Es erwartet einen klar formulierten Klageantrag, aus dem hervorgeht, warum die Schätzung überhöht ist und wie hoch die Steuer richtigerweise sein müsste.
Die BFH-Entscheidung vom 10. Juli 2025 (III R 25/24)
Sachverhalt
Die Kläger hatten für 2020 weder Einkommensteuer- noch Umsatzsteuererklärungen abgegeben. Das Finanzamt erließ Schätzungsbescheide. Nach erfolglosem Einspruch klagten die Steuerpflichtigen vor dem Finanzgericht, kündigten aber nur an, die Steuererklärungen „kurzfristig“ nachzureichen.
Das Gericht setzte eine Ausschlussfrist nach § 65 Abs. 2 Satz 2 FGO bis zum 29. Februar 2024, um das Klagebegehren zu bezeichnen. Am letzten Tag der Frist reichten die Kläger zwar ihre Steuererklärungen beim Finanzamt ein – nicht aber beim Finanzgericht. Erst Wochen später wurden diese Akten vom Finanzamt weitergeleitet.
Entscheidung des Finanzgerichts
Das Finanzgericht wies die Klage als unzulässig ab: Das Klagebegehren sei nicht rechtzeitig bezeichnet worden. Die verspätete Übermittlung könne die gesetzte Ausschlussfrist nicht heilen.
Urteil des Bundesfinanzhofs
Der BFH bestätigte diese Sicht:
- Ein zulässiger Klageantrag setzt voraus, dass innerhalb der Ausschlussfrist dargelegt wird, warum der Bescheid rechtswidrig ist.
- Die bloße Ankündigung reicht nicht.
- Die Einreichung der Steuererklärungen beim Finanzamt am letzten Abend genügt nicht, wenn das Finanzgericht hiervon keine Kenntnis erlangt.
Folge: Die Klage war unheilbar unzulässig.
Rechtliche Grundlagen
§ 65 FGO – Anforderungen an die Klage
Nach § 65 Abs. 1 FGO muss die Klage enthalten:
- Kläger und Beklagten,
- den Gegenstand des Klagebegehrens,
- bei Anfechtungsklagen: den Verwaltungsakt und die Einspruchsentscheidung.
Fehlen diese Angaben, kann das Gericht eine Ausschlussfrist setzen. Wird diese versäumt, ist die Klage unzulässig.
Ausschlussfrist nach § 65 Abs. 2 Satz 2 FGO
Die Ausschlussfrist dient der Verfahrensbeschleunigung. Sie zwingt den Kläger, innerhalb einer bestimmten Frist konkret zu formulieren, worin die Rechtsverletzung liegt. Wer dies nicht schafft, verliert den Rechtsschutz. Anders als bei anderen Fristen besteht für das Gericht kein Ermessensspielraum, verspätete Begründungen noch zuzulassen.
Zulässiger Klageantrag
Ein zulässiger Klageantrag bedeutet:
- klare Benennung, warum der Bescheid falsch ist,
- substantiierte Angaben, warum die Schätzung unzutreffend ist,
- Angabe der richtigen Besteuerungsgrundlagen oder Verweis auf beigefügte Steuererklärungen.
Erforderlich ist immer, dass das Gericht erkennen kann, worüber es entscheiden soll.
Praktische Konsequenzen für Steuerpflichtige
Typische Fehler
Das Urteil zeigt, wo Steuerpflichtige oft scheitern:
- Zu späte Abgabe der Steuererklärungen: Wer diese erst am letzten Abend beim Finanzamt einreicht, läuft Gefahr, dass das Gericht nichts davon erfährt.
- Fehlende Mitteilung an das Finanzgericht: Es reicht nicht, beim FA einzureichen. Das Gericht muss informiert werden.
- Unsubstantiierte Klageschriften: „Wir reichen die Steuererklärung nach“ genügt nicht als Klagebegehren.
Folgen einer unzulässigen Klage
Wird die Klage als unzulässig abgewiesen, gilt der Schätzungsbescheid weiterhin. Selbst wenn die Steuererklärungen nachgereicht werden, können sie das gerichtliche Verfahren nicht mehr retten. Das Risiko liegt allein beim Kläger.
Handlungsempfehlungen
- Frühzeitige Einreichung der Steuererklärungen: Am besten direkt zusammen mit der Klage.
- Klare Klagebegründung: Bereits im Klageschriftsatz sollte stehen, warum die Schätzung fehlerhaft ist.
- Kommunikation mit dem Gericht: Immer das Finanzgericht informieren, wenn Unterlagen beim Finanzamt eingereicht werden.
Wie wir Sie als Steuerberater und Rechtsanwalt in Köln unterstützen können
Als Steuerberater Köln begleiten wir Mandanten regelmäßig bei Einsprüchen und finanzgerichtlichen Klagen. Dabei achten wir auf jede Formalie, um unnötige Risiken zu vermeiden. Unsere Leistungen im Überblick:
Unterstützung im Einspruchsverfahren
- Prüfung der Schätzungsbescheide
- Erstellung und fristgerechte Abgabe der Steuererklärungen
- Begründung des Einspruchs mit detaillierter Darstellung der tatsächlichen Besteuerungsgrundlagen
Vertretung vor dem Finanzgericht
- Formulierung eines zulässigen Klageantrags
- Einhaltung aller Ausschlussfristen
- Substantiierte Begründung mit Berechnungen und Nachweisen
- Kommunikation mit Gericht und Finanzamt
Prozessstrategie und Risikominimierung
- Einschätzung der Erfolgsaussichten
- Beratung zu Alternativen wie Änderungsanträgen oder außergerichtlichen Lösungen
- Vermeidung formaler Fehler, die zu einer Unzulässigkeit führen können
Fazit: Ausschlussfrist ernst nehmen – rechtzeitig handeln
Das BFH-Urteil vom 10. Juli 2025 macht deutlich: Eine finanzgerichtliche Klage ist kein Selbstläufer. Wer die gesetzlichen Anforderungen nicht erfüllt, scheitert bereits an der Zulässigkeit. Besonders die Ausschlussfrist nach § 65 FGO ist strikt: Sie lässt keine Nachsicht zu.
Für Steuerpflichtige bedeutet das:
- Zögern Sie nicht, sondern handeln Sie sofort nach Erhalt eines Schätzungsbescheids.
- Suchen Sie frühzeitig den Kontakt zu einem Steuerberater in Köln, um die Klage sauber vorzubereiten.
- Nur mit einem klaren und zulässigen Klageantrag haben Sie eine Chance, die Sbullet-classchätzung erfolgreich anzugreifen.
Als Kanzlei verbinden wir steuerliche Expertise mit prozessualem Know-how und sichern so Ihre Rechte effektiv.
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