Stefan O. J. Klein
Rechtsanwalt und Steuerberater Köln

Aktuelles
06.9.2023 | Sozialversicherung

Sozialversicherung | Abhängige Beschäftigung von Fitnesstrainern

Selbständigkeit versus Sozialversicherungspflicht: Die Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts (Bayerisches LSG, Beschluss v. 18.8.2023 – L 7 BA 72/23 B ER) im Kontext von Fitnesstrainern

Im Fitnesssektor gibt es eine Vielzahl von Arbeitsverhältnissen, die häufig im Spannungsfeld zwischen Selbständigkeit und Sozialversicherungspflicht stehen. Eine aktuelle Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts hat diese Thematik erneut in den Fokus gerückt. In diesem Artikel werden wir die Hintergründe, den Sachverhalt und die Entscheidung des Gerichts im Detail beleuchten.

Hintergrund

Fitnessstudios bieten ihren Kunden oft eine breite Palette an Dienstleistungen, darunter Einzel- und Gruppentraining sowie Fitnesskurse. Zur Bereitstellung dieser Dienste setzen sie nicht selten Fitnesstrainer ein, die jedoch nicht als festangestellte Mitarbeiter, sondern vertraglich als freie Mitarbeiter geführt werden. Dieses Modell sollte sicherstellen, dass die Fitnesstrainer als Selbständige auf Rechnung tätig sind und somit nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegen.

Sachverhalt

Im vorliegenden Fall stand ein Fitnessstudio im Fokus, das mehrere Fitnesstrainer beschäftigte. Diese Trainer wurden auf Grundlage von Stunden- oder Minutensätzen vergütet und hatten die Aufgabe, ein vordefiniertes Trainingsprogramm durchzuführen. Das Fitnessstudio behielt die Kontrolle über das Angebot an Trainingsmöglichkeiten und Kursen, traf Entscheidungen darüber, ob Kurse stattfanden, und war für die Kundenakquise verantwortlich.

Im Rahmen einer Betriebsprüfung stufte die Rentenversicherung die Arbeitsverhältnisse der Fitnesstrainer als abhängige Beschäftigung ein. Daraus resultierte die Forderung, dass das Fitnessstudio als Arbeitgeber Sozialversicherungsbeiträge nachzahlen müsse. Das Fitnessstudio erhob Einspruch gegen diese Entscheidung, doch dieser wurde vom Sozialgericht München abgelehnt.

Die Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts (Bayerisches LSG, Beschluss v. 18.8.2023 – L 7 BA 72/23 B ER)

Das Bayerische Landessozialgericht bestätigte die Entscheidung des Sozialgerichts und argumentierte, dass die Fitnesstrainer in die betriebliche Organisation des Fitnessstudios eingebunden waren. Dieses Gerichtsurteil beruhte auf einer detaillierten Analyse der Umstände des Arbeitsverhältnisses und berücksichtigte die relevanten rechtlichen Rahmenbedingungen für die Unterscheidung zwischen abhängiger Beschäftigung und Selbständigkeit.

Das Gericht betonte, dass die Beurteilung der Beschäftigungsverhältnisse im Einzelfall erfolgen müsse. Dabei spiele insbesondere die Eingliederung des Arbeitnehmers in den Betrieb des Auftraggebers eine entscheidende Rolle. Ebenso sei zu prüfen, ob der Auftragnehmer unternehmerische Tätigkeitsmerkmale, einschließlich eines unternehmerischen Risikos und der Aussicht auf Gewinn, aufweise.

In diesem konkreten Fall wurden die Fitnesstrainer, die als Kursleiter tätig waren, nach Annahme des Kursleitungsauftrags in die betriebliche Organisation des Fitnessstudios eingebunden. Das Studio hatte die vollständige Kontrolle über das Trainingsangebot, entschied über die Durchführung von Kursen und war für die Kundenakquise verantwortlich. Den Kursleitern oblag hingegen lediglich die Ausführung des vorgegebenen Trainingsprogramms.

Die Kursleiter hatten keine Befugnis, das Kursangebot zu verändern oder alternative Kurse anzubieten. Darüber hinaus waren sie an die Durchführung der Kurse in den Räumlichkeiten des Studios gebunden. Dies führte dazu, dass die Kursleiter faktisch keine unternehmerischen Gestaltungsfreiheiten besaßen.

Ein weiterer wesentlicher Aspekt, der zur Entscheidung des Gerichts beitrug, war die Tatsache, dass die Fitnesstrainer nach geleisteten Stunden oder Minuten bezahlt wurden. Dies bedeutete, dass sie kein unternehmerisches Risiko trugen, da ihre geleistete Arbeit immer vergütet wurde.

Die Bedeutung der Entscheidung

Diese Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts hat erhebliche Auswirkungen auf die Fitnessbranche und darüber hinaus. Sie verdeutlicht die Notwendigkeit einer genauen Prüfung der Arbeitsverhältnisse von Fitnesstrainern und anderen freien Mitarbeitern im Fitnesssektor.

Für Fitnessstudios und Fitnesstrainer kann dies bedeuten, dass einige bisher als Selbständige eingestufte Trainer nun als abhängig Beschäftigte betrachtet werden und daher Sozialversicherungsbeiträge nachgezahlt werden müssen. Dies kann erhebliche finanzielle Auswirkungen auf die Studios und die Trainer selbst haben.

Es ist wichtig zu betonen, dass jede Situation individuell bewertet werden sollte, da die Kriterien für die Unterscheidung zwischen Selbständigkeit und abhängiger Beschäftigung komplex sein können. Die genaue Ausgestaltung der Arbeitsverhältnisse, die Kontrolle über die Arbeitsweise, die Freiheit des Auftragnehmers bei der Gestaltung seiner Tätigkeit und die Vergütungsstruktur sind nur einige der Faktoren, die in die Bewertung einfließen.

Zusammenfassend zeigt diese Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts die Notwendigkeit einer gründlichen Prüfung der Arbeitsverhältnisse im Fitnesssektor. Für Fitnesstrainer und Fitnessstudios ist es ratsam, rechtliche Beratung in Anspruch zu nehmen, um sicherzustellen, dass sie die geltenden Gesetze und Vorschriften einhalten und die richtige Einordnung ihrer Beschäftigungsverhältnisse vornehmen.


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